Test: Batman: Arkham Origins (Wii U)


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Der Herbst bringt nicht nur trübe Tage, kaltes Regenwetter und die früher einbrechende Dunkelheit, sondern auch den dunklen Rächer zurück auf die Konsolen. Batman: Arkham Origins ist mit leichter Verzögerung nun auch für die Nintendo Wii U erhältlich. Wir haben in unserem Test für euch herausgefunden, was die Fledermaus so drauf hat.

Der dunkle Rächer kehrt zurück. Im Abstand von jeweils zwei Jahren durfte Batman erst die Irrenanstalt von Arkham durchforsten, danach die dem Verbrechen zum Opfer gefallene Stadt von den Unholden befreien. Erneute zwei Jahre später hat sich nun allerdings etwas an den Voraussetzungen geändert: Erstmals ist nicht mehr Rocksteady, sondern WB Montreal für den Titel zuständig. Außerdem war die Geschichte rund um Arkham nach dem zweiten Teil eigentlich abgeschlossen. Um nun aber doch noch einen weiteren Teil in diesem Universum spielen lassen zu können, entschied man sich seitens der Entwickler für die momentan auch im Bereich der Filmindustrie sehr beliebte Methode einfach ein Prequel zu produzieren, das die Geschichte vor den bisher bekannten Ereignissen erzählt. Passend zum Titel Batman: Arkham Origins kehren wir nun also zu den Wurzeln der Geschichte zurück und verfolgen die Anfänge des dunklen Rächers. Gerade am Weihnachtsabend muss Bruce Wayne alias Batman erfahren, dass der berüchtigte Verbrecher Black Mask ein Kopfgeld von 50 Millionen Dollar auf die Fledermaus ausgesetzt hat, der neben den normalen Verbrechern mit einem Mal Superschurken wie Killer Croc, Firefly oder der Electrocutioner ans Leder, bzw. an die Flügel wollen.

An dieser Stelle steigt ihr ins Spielgeschehen ein und fühlt euch, sofern ihr einen der beiden vorherigen Teile bereits gespielt habt, sofort heimisch. Ihr gleitet majestätisch über die dunklen Straßenzüge, zieht euch mit der Batclaw an einem Vorsprung nach oben, erkennt in der Detektivansicht gefährliche Gegner am Boden, lauert auf einem Gebäudesims auf die passende Gelegenheit und stürzt euch im lautlosen Gleitflug in die Tiefe. Ihr könnt eure Gegner entweder lautlos ausschalten und euch wieder ins Dunkel der Nacht zurückziehen oder eine Rauchbombe zünden, um ungesehen zu entkommen oder Feinde in den Nebelschwaden zu entwaffnen, bevor ihr wieder verschwindet. Oder ihr konfrontiert eure Widersacher mit purer Gewalt mit euren Fäusten und erlebt das auch in diesem Teil immer noch hervorragend funktionierende Free Flow-Kampfsystem. Angriffe, Konterattacken und der Einsatz von Spezialwaffen gehen situationsbedingt ineinander über und lassen mit etwas Geschick euren Combozähler in die Höhe schnellen. Da ihr vor allem gegen Opponenten mit Schusswaffen im Nachteil seid, solltet ihr die heimliche und stille Art der Gegnerbeseitigung bevorzugen, denn im direkten Kampf hat die Fledermaus gegen bis an die Zähne bewaffnete Schützen oft nur wenig Chancen. Dafür dürft ihr eure Zielpersonen aber auch schon mal aus dem Hinterhalt lautlos ausschalten, zu Boden gestreckte Gegner sofort erledigen oder von oben mit eurer Batclaw angreifen und den armen Tropf in die Lüfte ziehen und dort unschädlich gemacht an einem Vorsprung hängen lassen.

Batman: Arkham Origins (Wii U)
Wer komplett neu im Spiel ist, bekommt bereits in den ersten Minuten in der Einführung die wichtigsten Infos über die Steuerung vermittelt. Auch im weiteren Spiel helfen euch eingeblendete Hinweise immer wieder weiter und über die Detektivansicht könnt ihr Gegenstände, Schalter, Türen, etc. unter die Lupe nehmen und euch weitere Details dazu anzeigen lassen. Oftmals ist hier die Lösung dann bereits angedeutet. Weitere Tricks und Kniffe im Kampf werden euch situationsbedingt angezeigt. Hier gibt sich Warner Montreal aber nicht damit zufrieden, dass ihr den Hinweis einmal seht, sondern ihr erhaltet die Einblendungen über mögliche Abwehrtechniken oder KO-Angriffe immer wieder. Und wieder. Und wieder. Streckt ihr einmal einen Gegner mit normalen Schlägen nieder, bekommt ihr den Hinweis zum KO-Schlag angezeigt. Werdet ihr von einem Messerstecher bedroht, wird euch jedes Mal eingeblendet, wie ihr der Klinge ausweichen könnt. Natürlich lassen sich diese Einblendungen in den Optionen ausschalten - dann allerdings werden auch die über den Gegnern auftauchenden Symbole deaktiviert, mit denen euch ein Angriff angekündigt wird und ihr wisst nicht mehr, wann ihr einen Konter anbringen könnt. Das das Spiel über drei wählbare Schwierigkeitsgrade verfügt, hätte man zumindest hier ebenfalls mehr Auswahlmöglichkeit in den Optionen ermöglichen können, ohne den Spieler wie ein kleines Kind an die Hand zu nehmen, diese aber auch nicht loszulassen.

Ein weiteres störendes Element sind die Erfahrungspunkte, die euch in Batman: Arkham Origins in Massen um die Ohren gehauen werden. Die konstante Weiterentwicklung eures Charakters ist dabei grundsätzlich gut und auch sinnvoll. Ihr verfügt über zwei mehr oder weniger lineare Fertigkeitenbäume, in denen es mal um eure körperliche Verfassung wie beispielsweise die Panzerung eures Anzugs und mal eher um zusätzliche Aktionen und Attacken, die euch Vorteile bei versteckten Angriffen bringen, geht. Hier dürft ihr nach und nach Erweiterungen freischalten und eure Fledermaus so stärker werden lassen. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden. Allerdings wird euch nach jedem Kampf eingeblendet, wie ihr diesen bestritten habt. Dazu gehört nicht nur die Anzahl der ausgeschalteten Gegner, sondern auch die Unterscheidung in bewaffnete und unbewaffnete Opponenten. Euch wird angezeigt, wie hoch die Bedrohung war, wie lange eure maximale Combo und dergleichen mehr inklusive Bewertung im amerikanischen Notensystem samt Bonus-XP. Da ihr sogar Erfahrungspunkte erhaltet, wenn ihr mit eurem Diener Alfred sprecht oder das Büro des Pinguins betretet, fühlt ihr euch teils mehr wie in einem Japano-RPG und nicht in einem düsteren Batman-Abenteuer. Hier wäre weniger also sicherlich mehr gewesen.

Gerade Kenner der beiden Vorgänger müssen zudem schnell feststellen, dass sich die Veränderungen und Innovationen in Batman: Arkham Origins stark in Grenzen halten. Laufen, Ducken, Rennen, Gleiten, Hangeln, Kämpfen - die Bewegungen sind bekannt. Rauchbomben, Batclaw, Batarangs, Explosivgel - auch die Extras kommen uns bekannt vor. Poröse Wände zerstören, durch Lüftungsschächte schleichen, sich mit der Batclaw auf einem Floß über Wasser ziehen, Sendersignale entschlüsseln um den Aufenthaltsort unseres nächsten Ziels zu bekommen - alles schon gesehen und gemacht. In der Stadt verteilte grüne Riddler-Rätsel, der hier noch Enigma heißt, lösen und unzählige gesonderte Herausforderungen bestreiten, Charakterprofile freischalten und umfangreiche Statistiken einsehen - Check, das kennen wir ebenfalls. Dennoch gibt es zumindest ein paar Dinge, die es neu ins Spiel geschafft haben. Da euch diesmal zwei große Areale zur Erkundung zur Verfügung stehen und sich somit der Umfang der Spielwelt im Vergleich zu den Vorgängern nahezu verdoppelt hat, wurde an eine Schnellreisefunktion gedacht. Ihr seid mit eurem Batwing unterwegs und könnt an bestimmten Stellen der Stadt landen. Diese müssen allerdings zuerst freigeschaltet werden, indem ihr einen Funkturm für euch erobert. Eine Mischung aus Assassin's Creed und dem letzten Far Cry-Teil lässt grüßen.

Batman: Arkham Origins (Wii U)
Ebenfalls neu ist, dass ihr während der Detektivansicht, mit der ihr Tatorte untersucht und Hinweisen nachgeht, nun nach dem Finden von Hinweisen in der Zeit nach vorne und zurück spulen könnt, um so Teile des Hergangs zu rekonstruieren. Selbst knobeln müsst ihr dabei jedoch kaum, sondern eher den offensichtlichen Hinweisen folgen und die richtigen Buttons drücken. Auch die neuen Elektroschock-Handschuhe sind im Kampf zwar ein nettes Gimmick und können Maschinen wieder in Gang setzen, das ging jedoch auch schon im Vorgänger, wenngleich mit einem anderen Gerät. Wirklich komplett neu ist eigentlich nur der Mehrspieler-Modus, der euch in verschiedenen Konstellationen als Superhelden oder Schurken in die spaßigen Online-Gefechte schickt und echte Abwechslung bietet. Ach halt, dieser wurde für die Wii U-Version des Titels ja leider gestrichen und steht nur auf den anderen Konsolen zur Verfügung. Schade. Ebenfalls gestrichen wurde die sinnvolle Unterstützung des Wii U GamePads. Durftet ihr beim Vorgänger noch die Waffenwahl und die Karten direkt über den Touchscreen verwalten, ist nun wieder die Betätigung von Buttons gefragt. Der Einsatz der Bewegungssensoren bei der Untersuchung von Tatorten ist dagegen reine Spielerei und optional, da ihr euch mit den Analogsticks ohnehin besser und schneller umschauen könnt. Immerhin darf das komplette Spiel auf dem GamePad gespielt werden, aber auch dafür braucht ihr das Bild zuerst einmal auf dem TV-Bildschirm, da ihr nur dort das Menü angezeigt bekommt, in dem ihr das Spiel starten und aufs GamePad verlagern könnt. Umständlich.

Dass bisher alles irgendwie negativ klingt, liegt einfach daran, dass wir hier auf sehr hohem Niveau meckern. Denn trotz aller Kritik darf nicht vergessen werden, dass auch Batman: Arkham Origins ein nach wie vor tolles Spiel mit einer einzigartigen Atmosphäre ist. Die Präsentation ist hervorragend und stimmungsvoll, das Gameplay ist gut durchdacht und abwechslungsreich. Die vielen Nebenmissionen abseits der Geschichte sorgen dafür, dass ihr etliche Stunden in Gotham City verbringen werdet und euch selbst entscheiden dürft, ob ihr nun wirklich erst nach dem Versteck des Pinguins sucht oder ob ihr lieber darauf reagiert, dass in eurer Nähe gerade ein Verbrechen stattfindet, das ihr vereiteln wollt. Hier ist euch freie Hand gegeben und natürlich ist es auch nach wie vor ein erhabenes Gefühl, mit dem dunklen Rächer über die gotische Architektur der Stadt zu gleiten. Nur fühlt sich Batman: Arkham Origins eher die eine Erweiterung des Vorgängers an und nicht wie ein wirklich neues Spiel. Dass die Geschichte euch dabei in den ersten Stunden mitunter kalt lassen kann und erst im weiteren Verlauf spannend wird und Fahrt aufnimmt, ist dabei ein weiteres Puzzlestück eines mit vielen kleinen Makeln versehenen Gesamtkunstwerk.

In Sachen Technik ist der Titel dabei erneut über jeden Zweifel erhaben. Die düsteren Kulissen sind sehr atmosphärisch gestaltet und wirken nach wie vor beeindruckend. Schade ist nur, dass die Straßen mit Ausnahme der bekannten Verbrecherbanden kaum Leben zu bieten haben und teils etwas trist wirken. Von der Story her haben die Entwickler das mit einer verhängten Ausgangssperre aufgrund eines aufziehenden Unwetters erklärt - auch eine Möglichkeit, um sich die Programmierung von Passanten, etc. zu sparen. Die gotischen Bauwerke, die finsteren Häuserschluchten, hohe Türme und verkommene U-Bahn-Schächten wirken trotzdem alle authentisch und wurden detailreich gestaltet. Die Animationen eures Helden und seiner Widersacher sind grandios, was vor allem während der Kämpfe ein ums andere Mal zu bestaunen ist. Die deutsche Sprachausgabe kann ebenfalls mit authentischen Stimmen überzeugen, wobei hier mitunter ein offenbarer Bug verhindert, dass alle Stimmen laut abgespielt werden - zumindest wenn ihr auf dem TV spielt und egal, was ihr in den Optionen verändert. Auf dem GamePad dagegen kommen alle Sprachsamples klar und laut genug rüber.

Batman: Arkham Origins (Wii U)
Der Soundtrack ist wie immer düster und atmosphärisch, passend zur Geschichte des noch jungen und hitzköpfigen Rächers aber oftmals aufgewühlter und bombastischer als in den vorherigen Teilen, in denen wir es mit einem erfahrenen und abgebrühten Superhelden zu tun hatten. Teils wurden die Musikstücke dabei mit Glöckchen und Schellen angereichert, um zur Weihnachtszeit zu passen, in welcher der Titel spielt, ohne dabei kitschig zu wirken. Dass sich der Komponist dabei unter anderem beim genialen Instrumental "Christmas Eve/Sarajevo" von Savatage, bzw. dem Trans-Siberian Orchestra bediente und Teile davon in einer düsteren Version in leichter Abwandlung die Titelmusik des Spiels ausmachen, trägt auf jeden Fall zur Atmosphäre bei. Ungewollt unterstreicht man aber auch damit das Gefühl "Das kenne ich doch schon!", das sich somit wie ein roter Faden durch den Titel zieht.

Fazit

Aller guten Dinge sind drei - selten traf der Spruch so ins Schwarze, wie im Falle von Batman: Arkham Origins. Mit dem dritten Teil derselben Thematik schafft es Warner Montreal, den schmalen Grat zwischen brauchbarem Prequel und lauem Aufguss zu wahren. Kennern der Vorgänger kommen die meisten Punkte aus Batman: Arkham Origins bereits bekannt vor und die tatsächlichen Änderungen halten sich in Grenzen. Da aber Arhkam City ein grandioses Spiel war, ist das zu verkraften. Dank großem Umfang und vielen Extras dürft ihr eine ganze Weile mit Batman: Arkham Origins verbringen. Erwartet nur nicht, dass ihr mit Innovationen überschüttet werdet und hofft darauf, dass man die Geschichte mit diesem Teil dann aber tatsächlich abschließt und sich für das nächste Abenteuer der Fledermaus etwas Neues einfallen lässt, ohne die Tugenden zu vernachlässigen.

Vielen Dank an Warner Bros. Entertainment für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares von Batman: Arkham Origins.

Bewertung

8.0
Gesamt
-
Mehrspieler

Sehr gut


Kurzfazit

„Umfangreiches Fledermaus-Abenteuer mit viel Stil, das aber vor allem für Kenner der Vorgänger kaum Neuerungen bietet.“

Markus Schnittka

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