Test: Assassin's Creed 4: Black Flag (Wii U)


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Harr Harr, wir stechen in See! Ubisoft lädt zum offiziell vierten Teil der Assassin's Creed-Reihe ein und lässt auch Nintendos Piraten über die Meere schippern. Wir verraten euch in unserem Test zu Assassin's Creed 4: Black Flag auf der Wii U, wie gelungen dieses Unterfangen ist.

Piraten sind salonfähig geworden. Seit Jahren schon feiert Disney's Fluch der Karibik-Reihe an den Kinokassen regelmäßig Erfolge, Santiano stürmen mit Shanty-Rock die Charts und die millionenfach verkaufte Spieleserie Assassin's Creed erlebt in ihrem aktuellen Ableger ebenfalls einen Ausflug in die Karibik. Assassin's Creed hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Franchises gemausert und begeistert jedes Jahr mehrere Millionen Spieler auf den verschiedenen Konsolen. Aus diesem Grund pflegt Ubisoft die Reihe, indem mehrere Teams parallel an neuen Spielen der Serie arbeiten und man so pünktlich im Herbst stets einen neuen Ableger der Reihe genießen darf. Bei Black Flag handelt es sich zwar erst um den offiziell vierten Teil, allerdings haben Fans der Serie bereits zwischendurch mehrere Ableger spendiert bekommen. Zusammen mit dem erhältlichen DLC hat man das Gefühl, als gäbe es die Serie bereits eine halbe Ewigkeit. Sofern man kein glühender Verehrer von Assassin's Creed ist, könnte sich somit durchaus eine gewisse Routine, wenn nicht sogar Langweile einstellen.

Genau dem hat Ubisoft allerdings vorgebeugt, indem Assassin's Creed 4: Black Flag genau an den Stellen Änderungen bringt, an denen es überraschen kann. So gibt es auch im aktuellen Teil natürlich eine Rahmenhandlung in der Gegenwart, die mittlerweile nichts mehr mit dem ohnehin für viele Spieler langweiligen Desmond Miles zu tun hat. Stattdessen finden wir uns in der Ego-Perspektive als neu eingestellter Mitarbeiter der Firma Abstergo Entertainment wieder, die mit dem Animus arbeitet, um aus DNA-Fragmenten Erinnerungen zu gewinnen. Diese werden dann zum Videospiel umfunktioniert und unterhalten die Masse. Dass Abstergo Entertainment dabei wie Ubisoft auch in Montreal angesiedelt ist, ist ein kleiner und humoristischer Seitenhieb auf die eigene Firma. Zudem sind gerade diese Abschnitte nur hin und wieder ins Spiel eingestreut und stellen somit eher eine kurze Abwechslung als ein notwendiges Übel dar. Wer die Firma erkunden will, findet noch ein paar nette Anekdoten. Wer lieber schnell wieder ins Piratenabeuer abtaucht, wird dadurch nicht unnötig lange aus dem Spiel gerissen.

Assassin's Creed 4: Black Flag (Wii U)

Die Videospieler finden Piraten cool!

Die Handlung in den Erinnerungssequenzen des Animus ist selbstverständlich immer noch der Kernpunkt, um den sich auch in Assassin's Creed 4: Black Flag dreht. Ihr schlüpft in die Rolle des Walisers Edward Kenway, der im Jahr 1713 seine Frau Caroline in der alten Heimat zurücklässt, um über die Meere zu segeln. Dabei ist es nicht der Ruf nach Freiheit, der ihn ereilt, sondern die Hoffnung auf große Schätze und ein besseres Leben für sich und Caroline. Genau diese sehr persönlichen Gründe sind es auch, die Edward für den Spieler menschlich erscheinen lassen. Es ist nicht der Krieg zwischen den Assassinen und den Templern, der Kenway antreibt. Er gerät eher durch Zufall zwischen die Fronten, als er nach einem Überfall auf sein Schiff in die Haut des Assassinen Duncan Walpole schlüpft. Diesen führt ein lukrativer Auftrag zu einem gewissen Torres und Edward wittert hier das große Geld. Immer weiter wird er dann in den erbitterten Kampf um das mysteriöse Observatorium verstrickt und weiß schon bald nicht mehr, wen er als Freund und wen als Feind ansehen kann. Die Geschichte ist dabei überaus geschickt inszeniert und überrascht immer wieder mit tollen Momenten. Teils lernt ihr auf eurem Weg durch die Karibik legendäre Piraten kennen, teils werdet ihr selbst zu einer Legende.

Vom Grundprinzip hat Ubisoft sein erfolgreichstes Pferd im Stall natürlich nicht komplett auf den Kopf gestellt, sondern die grundlegenden Elemente der Serie beibehalten und mitunter etwas ausgebaut. Noch immer seid ihr also an Land als Assassine unterwegs und müsst, obwohl Edward eigentlich ein Pirat ist, mehr schleichen als jemals zuvor. Diese neue Heimlichkeit steht der Serie dabei gut zu Gesicht. Schleicht euch beispielsweise auf einer Plantage durch das Dickicht, das euch automatisch Sichtschutz gewährt, solange ihr nicht rennt. Pirscht euch an die Wachen heran und versucht sie durch Pfeifen in eure Richtung zu locken, um sie aus der Deckung heraus zu überwältigen. Lauert hinter einer Häuserwand auf den Moment, bis ein Wachposten auf seiner Patrouille in eure Nähe kommt und rammt ihm die Klinge lautlos in den Rücken. Den Leichnam solltet ihr zur Seite schaffen, damit weitere Wachposten nicht über ihren gemeuchelten Kollegen stolpern und Ausschau nach dem Attentäter halten.

Was in vielen Punkten stark nach dem Stealth-Helden Sam Fisher klingt, wurde jedoch nicht in kompletter Konsequenz streng umgesetzt. Die Wachen verlieren nach kurzer Zeit eure Spur und stellen die Suche ein, eine auf den Weg gefallene Lampe eines frisch ermordeten Kollegen wird komplett ignoriert, teils wird ein zwei Meter nebenan verübtes Attentat nicht bemerkt und ihr dürft den ahnungslos Wache stehenden Kollegen genauso einfach meucheln. Der Vorteil davon ist, dass ihr nicht immer wieder an komplexen Stellen scheitert, sondern in der Story recht gut vorankommt, ohne euch durch zu strenge Schleichpassagen aufzuhalten. Oftmals sind es optionale Ziele, dass ihr euch nicht in einen Kampf verwickeln lassen sollt. Wer die 100% bei einer Mission anstrebt, wird natürlich versucht sein diese Ziele zu erreichen. Wer dagegen einfach nur die Story genießen will, ist zwar oft ge-, aber nicht überfordert. Die neuen Mechaniken werden euch in den ersten Spielstunden nebenbei in Tutorials beigebracht, die Ubisoft geschickt in die Geschichte integriert hat. So ist es auch von der Story her nachvollziehbar, dass Edward seine Fähigkeiten in der Haut des Assassinen seinen neuen Auftraggebern präsentieren soll, ohne dass das Spiel uns als komplette Neulinge hinstellt, die noch nie Hand an einen Titel der Reihe gelegt haben.

Assassin's Creed 4: Black Flag (Wii U)

Meucheln oder metzeln?

Ein großer Kritikpunkt der vorigen Teile war oftmals das Kampfsystem. Optisch durch hervorragende Animationen zwar ein Augenschmaus, spielerisch allerdings durch die Konzentration auf Konter etwas öde. Hier wurde im vierten Teil der Serie die Macht der Konter entschärft, indem die euch zur Verfügung stehende Reaktionszeit heruntergeschraubt wurde und manche Gegner eure Konter blocken. Teils müsst ihr auch gezielt die Deckung eurer Kontrahenten durchbrechen, um sie angreifen zu können. Trotz dieser Veränderungen stellt der Kampf nur selten eine spielerische Herausforderung dar und ist eher notwendiges Übel als schmückendes Beiwerk. Ihr seht euch von Feinden umzingelt und wartet auf deren Aktionen, auf die ihr entsprechend reagiert. Das Spiel blendet euch die möglichen Aktionen jeweils ein, so dass ihr selbst wenn ihr unter Beschuss genommen werdet noch schnell einen Feind als menschlichen Schild schützend vor eure Brust ziehen könnt. Die größte Herausforderung stellt es eher dar, den richtigen Gegner im Visier zu behalten und diesen zu erledigen, bevor ihr automatisch einen anderen Widersacher attackiert und euer eigentliches Ziel aus den Augen verliert. Natürlich ist das alles Meckern auf einem generell hohen Niveau. Die Verlagerung auf das eher heimliche Vorgehen statt dem brachialen Kampf ist in Assassin's Creed 4: Black Flag jedoch gern gesehen.

Abseits der Geschichte gibt es in den Städten natürlich auch weiterhin viel zu tun. Beibehalten wurde ein Großteil der Aufträge, wie ihr sie bereits aus den Vorgängern kennt. Das Belauschen von Gesprächen ist dabei immer noch ein notwendiges und etwas aufgesetzt wirkendes Übel. Ansonsten klettert ihr auf Aussichtspunkte und schaltet Teile der Umgebungskarte frei, erledigt Assassinenaufträge, verfolgt Boten und raubt diese aus, helft Piraten in einer Schlägerei, spielt Mühle um einen vorher festgelegten Wetteinsatz, sammelt Schatzruhen und fangt durch die Lüfte fliegende Notenblätter, damit die Crew eures Schiffes neue Shantys auf hoher See schmettern darf. Crew? Schiff? Richtig. Denn was wäre ein Piratenabenteuer ohne Rum, Seemannslieder und brechende Wellen im Sturm? Richtig, nichts. Genau aus diesem Grund wurde der Part auf hoher See im Vergleich zum Voränger noch weiter ausgebaut. Ihr bekommt euer eigenes Schiff, dessen Weiterentwicklung und Ausbau diesmal auch im Verlauf der Story wichtig wird. Nur so könnt ihr die späteren Seeschlachten erfolgreich beenden und feindliche Schiffe auf dem Meeresgrund versenken. Auch eure Beutezüge durch die Karibik werden mit einem gut ausgestatteten Schiff erleichtert. Lenkt eure Kanonen auf die Karavellen und schießt diese manövrierunfähig, bevor ihr das gegnerische Schiff mit eurer Crew entert. Hier besiegt ihr dann eine bestimmte Anzahl feindlicher Schwertkämpfer und erfüllt Ziele wie das Einholen der gegnerischen Flagge oder das Zerstören des Munitionslagers.

Assassin's Creed 4: Black Flag (Wii U)

Realismus am Grund des Meeresbodens

Der bombastischen Inszenierung wird dabei gegenüber dem Realismus der Vorzug gegeben. Denn sobald ihr ein Schiff entert, greifen euch die anderen Schiffe, mit denen ihr gerade noch im Gefecht standet, nicht mehr an. Nach der erfolgreichen Eroberung dürft ihr euch noch in Ruhe entscheiden, ob ihr die erbeuteten Rohstoffe für die Reparatur eures Schiffes verwendet wollt. Entscheidet ihr euch dafür, geht ihr mit einem komplett wiederhergestellten Schiff in die Schlacht, die genau ab dieser Sekunde wieder tobt. Bei vollem Sturm segelt ihr durch die meterhohen Wellen, die sich auf eurem Deck brechen. Zuckende Blitze tauchen die Umgebung in ein gespenstisches Licht, während die Wellen an euren Bug peitschen. Wo jedes echte Schiff längst zerborsten wäre, schippert ihr mit drei Geschwindigkeiten und vollen Segeln durch den schlimmsten Sturm ohne Schaden zu nehmen. Belohnt werdet ihr mit einwandfrei in Szene gesetzten Gefechten, unentdeckten Schauplätzen und jede Menge Abwechslung. Dass dabei der Realismus hin und wieder auf der Strecke bleibt, ist zu verkraften.

Ihr erkundet eine sehr eigene Form der Karibik, die sich von Jamaika über Kuba bis hin nach Florida zieht und deutlich kompakter als in der Realität ausgefallen ist. Die drei Hauptstädte des Spiels sind zwar kleiner als beispielsweise Boston aus dem Vorgänger, dafür dürft ihr jede Menge kleine Inseln erkunden und euch frei durch die Karibik bewegen. Wer nicht der Story folgen will, kümmert sich um die Schatzjagd, taucht und schwimmt mit Haien um die Wette, sucht nach Maya-Steinen und löst damit verbundene Rätsel, jagt Kleinwild und bastelt sich  aus den Knochen ein paar Pfeile für sein Blasrohr, erobert ein Fort nach dem anderen und hebt legendäre Schätze vom Meeresgrund. Wem in Assassin's Creed 4: Black Flag nach weniger als 40 Stunden langweilig wird, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Die Steuerung wurde flüssig umgesetzt, wenngleich ihr auch im vierten Ableger der Serie immer wieder mal gegen eine Wand springt oder an einer Mauer festhängt. Das ist zwar gerade während einer Verfolgungsjagd ärgerlich, aber kein Spielspaßkiller. Schade ist es eher, dass man die Fähigkeiten des Wii U GamePads nur rudimentär genutzt hat.

Dafür kann Assassin's Creed 4: Black Flag optisch überzeugen. Nur selten ruckelt das Spiel ein wenig oder lässt im Hintergrund ein paar Pop Ups oder unschöne Texturen zu - bei der Weitsicht des Titels aber kein Drama. Die abwechslungsreichen Texturen, die detailreich gestaltete Flora und Fauna sowie die architektonisch gut umgesetzten Bauwerke sprechen eine eindeutige Sprache. Hier waren die Programmierer mit viel Liebe zum Detail am Werk. Die grandiose Inszenierung setzt sich übrigens auch in Sachen Sound fort. Selten war eine deutsche Synchronisation derart gut wie in Assassin's Creed 4. Das Piratenabenteuer überzeugt nicht nur mit seinen enthusiastischen und authentischen Sprechern, sondern punktet auch dank vieler Details wie den geschmetterten Seemannsliedern und dem gewohnt bunten akustischen Treiben in den Städten. Die musikalische Untermalung schwankt zwischen dem Bombast einen Hans Zimmer und stilvollen Stücken der entsprechenden Epoche, die sehr zur Atmosphäre des Spiels beitragen.

Assassin's Creed 4: Black Flag (Wii U)

Piratenabenteuer mit Freunden

Euch wird das Spiel alleine doch irgendwann langweilig oder ihr wollt euch gerne mit Freunden durch die Karibik meucheln? Dann weicht auf den Mehrspieler-Modus aus, der euch online ebenfalls einige Stunden unterhalten dürfte. Die Spielmodi sind dabei eher Standardkost und reichen von einem kooperativen Wolfsrudel-Modus bis hin zu Capture the Flag-Modi, die hier als Artefakte bezeichnet werden. Die Fähigkeiten eurer Charaktere sind dabei ein wenig reduziert, spezielle Fähigkeiten- und Waffen-Bundles erlauben eine gewisse taktische Komponente. Zudem dürft ihr durch Erfolge in den einzelnen Spielrunden Erfahrungspunkte sammeln und damit nicht nur im Rang aufsteigen, sondern auch euren Charakter weiter verbessern. Neue Fähigkeiten gibt es dabei genauso zu verdienen wie diverse Plaketten und Abzeichen. In zeitlich begrenzten Events könnt ihr zudem spezielle Titel, Skins für eure Charaktere, etc. erlangen, um euch längerfristig bei der Stange zu halten. Trotz der recht kleinen Basis der Wii U waren Onlinepartien dabei jederzeit auffindbar und machten durchaus Spaß. Dass man bei einer in der Masse bekannten Reihe wie Assassin's Creed aber schnell auf die obligatorischen Englisch sprachigen Kiddies trifft, die euch selbst mitten in der Nacht noch wüst beschimpfen, ist leider nicht verwunderlich. Dennoch sind auch normale Partien möglich.

Fazit

Bereits im Vorgänger ließ mich das Setting anfangs skeptisch werden, hat mir aber dann trotzdem recht gut gefallen. Bei Assassin's Creed 4: Black Flag verhielt es sich ähnlich - allerdings mit dem Unterschied, dass mich das Piraten-Setting bei seiner Ankündigung noch weniger interessierte, mich im finalen Spiel dafür aber dafür noch stärker begeistern konnte. Ubisoft hat es nämlich geschafft, dermaßen viel Abwechslung ins Spiel zu bringen, dass man gar nicht weiß, was man zuerst erledigen soll. Immer wieder überrascht man sich dabei, wie man den Verlauf der Story vernachlässigt und sich auf Schatzjagd begibt, Truhen plündert, fremde Inseln erkundet, geheime Verstecke sucht und selbst nach dem Ausschalten der Konsole noch ein Piratenliedchen auf den Lippen hat. Zwar ist auch Assassin's Creed 4: Black Flag noch lange nicht perfekt, es ist aber der umfangreichste, fesselndste und spielerisch beste Teil der Serie, der mit einem tollen Setting, grandiosem Sound und hohem Abwechslungsreichtum selbst bisherige Zweifler überzeugen sollte - Harr Harr!

Bewertung

9.0
Gesamt
8.0
Mehrspieler

Hervorragend


Kurzfazit

„Bombastisches Piraten-Abenteuer mit altbekannten Tugenden und jeder Menge Umfang.“

Alexander Geisler

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