Test: Fire Emblem Fates: Herrschaft (3DS)


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Pokémon hat es vorgemacht, einige anderen Serien machen es nach: Ein Spiel erscheint in verschiedenen Editionen, ist vom Prinzip her jedoch identisch. Das scheint auf den ersten Blick auch bei Fire Emblem Fates für den Nintendo 3DS der Fall zu sein, welches in den beiden Versionen Vermächtnis und Herrschaft sowie einer exklusiv nur downloadbaren Version Offenbarung erscheint. Was an diesem Konzept allerdings anders ist und worin sich die Versionen voneinander unterscheiden, klären wir für euch in unserem Test.

Im Bereich der Rollenspiele gibt es die Unterkategorie der Strategie-RPGs, die vielleicht nicht die größte, aber zumindest eine recht treue Fangemeinde hat. Eine Serie, die dabei bereits seit Tagen des NES die Spieler erfreut, ist Fire Emblem. Die ersten Ableger der Serie blieben jedoch nur japanischen Spielern vorenthalten. Selbst als die Reihe in den Westen kam, ließ der Durchbruch trotz Teilen auf GameCube, Wii und DS auf sich warten. Erst mit dem letzten Ableger Fire Emblem: Awakening auf dem Nintendo 3DS erreichte man erstmals ein Millionenpublikum, nachdem die Serie schon intern bei Nintendo fast vor dem Aus stand. Zum Glück, denn somit steht nun mit Fire Emblem Fates der neueste Teil der Reihe in den Startlöchern, der in den Versionen Vermächtnis, Herrschaft und Offenbarung vorliegt.

Ihr entscheidet euch nach Spielbeginn zuerst für einen von drei Schwierigkeitsgraden. In Phönix werden gefallene Truppen direkt im nächsten Zug wieder zum Leben erweckt, was neu in der Serie ist und sich für komplette Neueinsteiger im Genre eignet. Anfänger bringt euch zum Ende einer jeden Schlacht eure besiegten Kameraden zurück. Der klassische Modus dagegen bestraft jeden Fehler direkt, indem einmal gefallene Truppen für den Rest des Spiels verloren sind. Dies ist die Variante, in denen sich Veteranen der Serie am vertrautesten fühlen werden, da genau dieses Gameplayelement die Serie seit je her ausgezeichnet hat.

 

Fire Emblem Fates - Xander

 

Der Einstieg in das Spiel ist dabei in Vermächtnis und Herrschaft identisch. Ihr erstellt einen unter Amnesie leidenden Hauptcharakter, der sich in einem großen Konflikt befindet. Die Königreiche Hoshido und Nohr befinden sich im Streit, ein Krieg steht kurz vor dem Ausbruch und ihr seid mittendrin. Gebürtig seid ihr ein Prinz, bzw. wahlweise eine Prinzessin, die in Hoshido geboren wurde. In eurer Kindheit wurdet ihr jedoch nach Nohr entführt und seid dort behütet und geliebt groß gezogen worden. Eine Konfliktsituation mit eurem nohrischen Vater führt euch in eine abgelegene Burg an der Grenze zum hoshidischen Reich und bringt euch dort schnell in den Kontakt mit der dort ansässigen Adelsfamilie. Von einem eigenen Vertrauten verraten, führt euch euer Weg nach Hoshido, wo ihr auf eure leibliche Familie trefft. Hier beginnt euer innerer Zwiespalt, denn ihr müsst eine Entscheidung fällen, für welche der beiden Seiten ihr euch entscheidet. Für die Blutsverwandtschaft, mit der ihr seit Jahren keinen Kontakt mehr hattet? Oder für die Familie, die euch Jahre lang liebevoll aufgezogen hatte?

Mit Fire Emblem Fates: Herrschaft entscheidet ihr euch für die Seite des Königreichs Nohr. Ihr seid dort behütet aufgewachsen und fühlt euch in dieser Familie wohl, selbst wenn es nicht eure Blutsverwandtschaft ist. Eure Aufgabe wird es sein, von König Garon in verschiedenen Gebieten des Königreichs die Loyalität seiner Verbündeten zu prüfen, wobei ihr natürlich im weiteren Verlauf des Spiels auf eure tatsächliche Familie aus Hoshido treffen werdet. Im Laufe eures Abenteuers stoßen immer wieder neue Kameraden zu eurer Truppe dazu, die ihr in den Schlachten einsetzen könnt. Hierbei gilt es aufzupassen, denn Komplettisten könnten auf den Schlachtfeldern oder in den Nebenquests durchaus Charaktere verpassen, denn teils müsst ihr mit diesen sprechen, bevor sie sich eurer Truppe anschließen. Der Verlauf der Geschichte ist dabei in einigen Punkten durchaus vorhersehbar, wobei sich zumindest ein gewisser Spannungsbogen durchaus aufbaut und die eine oder andere Wendung für kleine Überraschungen sorgt. Insgesamt gesehen hätte die Story aber gerne noch packender sein können.

 

Fire Emblem Fates - Kampfgeschehen

 

Richtig überzeugend wird Fire Emblem Fates: Herrschaft aber durch seine Vielzahl an Charakteren, die alle ihr eigene Geschichte mit sich bringen. In Supportgesprächen zwischen den Schlachten lernt ihr eure Mannschaft besser kennen und lieben, da wirklich jeder Charakter seine eigene Story und seine persönlichen Eigenarten mit sich bringt. Diese Unterstützungsgespräche erfüllen dazu noch den spielerischen Zweck, dass sich die Beziehung der Charaktere untereinander verbessert. Dies hat zur Folge, dass sie sich in den Schlachten gegenseitig Deckung geben und so den erhaltenen Schaden reduzieren. Wenn wir schon bei den Schlachten sind, sprechen wir doch am besten über das eigentliche Herzstück des Spiels, die strategischen Duelle mit anderen Armeen auf dem Schlachtfeld. Kenner der Serie werden sich hier sofort heimisch fühlen, denn hier hat sich im Vergleich zu den Vorgängern nur wenig getan. Noch immer dirigiert ihr eure Einheiten rundenbasiert über ein in Gitter aufgeteiltes Terrain und müsst möglichst strategisch eure Einheiten positionieren. Jede Truppe darf dabei prinzipiell erst ziehen und danach eine Aktion (Angriff, Item-Einsatz, etc.) ausführen. Wer also unüberlegt nach vorne prescht, sieht sich bald von Feinden umzingelt und den gegnerischen Angriffen ausgesetzt. Vor allem defensiv schwache Einheiten wie Heiler oder Magier sollten hier stets gut geschützt werden.

Neu ist auch, dass physische Waffen wie Schwerter, Bögen, etc. keine begrenzte Haltbarkeit mehr haben und nicht mehr zerbrechen können. Dafür wurden alle Waffen mit positiven sowie negativen Effekten ausgestattet. Diese gilt es für effektive Kämpfe genauso zu berücksichtigen wie das bereits bekannte Waffendreieck, welches nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip die richtige Waffenwahl im Kampf wichtigmacht. Neben Hügeln, Wasser, Bäumen und anderen Dingen auf dem Schlachtfeld, die das Terrain und damit eure Bewegungsfreiheit beeinflussen, gibt es in Fire Emblem Fates auch die so genannten Drachenadern. Als Adliger mit Drachenblut in euren Adern könnt ihr diese nutzen und mit deren Hilfe das Schlachtfeld beeinflussen. Mal versinken Hügel im Boden und ebnen die Fläche, mal wird Wasser vereist und lässt euch einfacher über das Schlachtfeld laufen, mal wird ein Steinschlag ausgelöst oder Stürme verhindern das schnelle Vorankommen von Lufteinheiten. Da diese Effekte sich jedoch teils auch auf eure eigenen Einheiten negativ auswirken können, will die Verwendung stets gut überdacht sein, zumal euer Hauptcharakter damit auf eine mögliche andere Aktion in diesem Zug verzichten muss.

 

Fire Emblem Fates - Spielfeld Wüste

 

Platziert ihr Einheiten nebeneinander, geben sich diese Deckung und verbessern wie bereits erwähnt ihre Beziehung zueinander. Das geht soweit, dass ihr Liebschaften entstehen lassen könnt, aus denen nach einer Heirat auch Kinder hervorgehen. Diese vereinen die Eigenschaften ihrer Eltern, was spielerisch in den späteren Missionen immens wichtig sein kann. Wer hier bei seinen Beziehungsplänen die erlernbaren Fähigkeiten der Eltern mit einkalkuliert, bekommt beispielsweise Kinder, die nicht nur wie ein Dieb ohne Schlüssel Truhen und Türen öffnen können und ihre Feinde nach dem Angriff vergiften, sondern wie ein Pegasusritter sich im Umkreis seiner Kameraden am Ende der Runde selbst heilt und nach einem erfolgreichen Angriff die Chance auf eine weitere Attacke erhält. Die Möglichkeiten sind hier schier unendlich, so dass ihr jede Menge Zeit alleine in diesen Aspekt des Spiels investieren könnt. Die bereits bekannte Möglichkeit die Klassen zu wechseln und damit neue Fertigkeiten zu erlernen potenziert die Vielfalt hier noch einmal. Damit es logisch wird, dass ihr Seite an Seite mit euren Kindern in den Krieg zieht, wurde wie im Vorgänger eine Parallelwelt eingeführt. Hier vergeht die Zeit schneller, so dass euer Nachwuchs ebenfalls bereits erwachsen ist, wenn ihr aufeinander trefft.

Diese so genannte Astralebene bringt in Fire Emblem Fates jedoch auch noch einen komplett neuen Aspekt ins Spiel, der neu in der Serie ist. In der Astralebene dürft ihr euer Schloss ausbauen und dort neben Läden auch einen Garten anlegen, Statuen zur Verbesserung der Statuswerte aufstellen und einzelne Truppenmitglieder in euer Privatquartier einladen, um... na, sagen wir mal um eure Beziehung zu verbessern. Während im Vergleich zur japanischen Version ein Minispiel in unseren Gefilden zensiert wurde, in welchem ihr eure Truppen mit dem Stylus streicheln konntet, dürft ihr zumindest weiterhin leicht bekleidet mit zufällig gewählten Kameraden ein Badehaus aufsuchen. Des Weiteren lassen sich Verteidigungsanlagen aufstellen, sodass ihr neben den normalen Kämpfen auf der Weltkarte auch die so genannten Schlosskämpfe durchführen könnt. Hierbei wird euer Schloss in der Astralebene von feindlichen Truppen angegriffen, die euren Thron erobern wollen und die es zu schlagen gilt. Der Mehrspieler-Aspekt des Titels lässt euch dabei auch andere Schlösser besuchen, dort Ressourcen mitnehmen in den Wettstreit miteinander gehen, im Schloss- oder im normalen Kampf. Dies funktioniert sowohl übers Internet als auch im lokalen Mehrspieler-Modus und sorgt ebenfalls für Langzeitmotivation.

 

Fire Emblem Fates - Zwei Gegner

 

Einer der großen Unterschiede zum Ableger Vermächtnis stellt die Tatsache dar, dass die Kämpfe in Fire Emblem Fates: Herrschaft deutlich knackiger ausgefallen sind. Bereits von Beginn an werdet ihr nur mit einer kleinen Truppe in die ersten Kämpfe geschickt und steht in der Regel immer einer Übermacht an Feinden entgegen. Jeder Zug will somit doppelt gut überlegt sein, um mit möglichst wenig eigenem Schaden und zugleich möglichst effektiv gegen seine Feinde über das Schlachtfeld zu ziehen. Die größere Herausforderung gilt aber nicht nur für die Kämpfe an sich, sondern auch für die Ziele in den Schlachten. In Fire Emblem Fates: Herrschaft genügt es nicht immer, wenn alle Feinde auf dem Feld oder der speziell markierte Bosse besiegt werden. Teils wollen nämlich auch Fluchten verhindert oder Stellungen gehalten werden, was im Kampf gegen eine Übermacht durchaus zu einer echten Herausforderung werden kann. Zudem fehlt im Vergleich zu Fire Emblem Fates: Vermächtnis die Möglichkeit seine Charaktere in zusätzlichen Herausforderungen aufleveln zu können, um so schwachen Einheiten weitere Erfahrungspunkte zukommen zu lassen. Leider wurde jedoch die Navigation im Vergleich zum Vorgänger etwas vereinfacht, indem ihr nicht mehr über die Weltkarte auf vorgefertigten Wegen marschiert, sondern lediglich über ein simples Menü eure nächste Handlung auswählt.

Grafisch hat sich im Vergleich zum Vorgänger nur wenig getan. Immerhin werden jetzt die Hintergründe des jeweiligen Kampfterrains beim Zoom in die 3D-Ansicht der Schlacht übernommen und nicht mehr pauschal nur ein Standardhintergrund für die kompletten Kämpfe verwendet. Fire Emblem Fates: Herrschaft orientiert sich grafisch an einem eher mitteleuropäisch-mittelalterlich angehauchten Stil. Dieser zieht sich von der Optik der Schlösser über die Namen der Charaktere bis hin zu den zum Einsatz kommenden Waffen. Schwerter, Äxte, Bögen - hier wird mit ordentlich Wumms ausgeteilt. Der dazu passende Soundtrack untermalt das Geschehen stimmig und gehört zu den Highlights des Spiels. Die komplett übersetzten Texte werden ebenfalls stets mit einem Ausruf des jeweiligen Charakters begleitet, der sich jedoch oft wiederholt und so mitunter nervig wirken kann. Kenner des Vorgängers werden sich vielleicht weniger daran stören, da das dort bereits genauso gehandhabt wurde, aber Neulinge könnten dies befremdlich finden und der Meinung sein, dass entweder eine komplette Synchronisation oder der Verzicht darauf sinnvoller gewesen wäre.

Fazit

Wer Fire Emblem Awakening mochte, wird am Nachfolger ebenfalls seine Freude haben. Die Neuerungen stecken eher im Detail, wobei hier vor allem die Schlosskämpfe auf der Astralebene etwas frischen Wind ins Spiel bringen. Ansonsten bekommen Genrefans einen weiteren hochkarätigen Ableger der Serie, der für Stunden langen Spielspaß mit vielen taktischen Scharmützeln sorgt. Der Umfang ist somit absolut stimmig, wenngleich die Story gerne noch etwas spannender hätte umgesetzt werden dürfen. Aufgrund des schwierigeren Einstiegs und der fehlenden Möglichkeit Herausforderungskämpfe zu bestreiten, sind bereits mit der Serie vertraute Spieler bei Fire Emblem Fates: Herrschaft sicherlich besser aufgehoben. Anfängern dagegen dürfte der Titel selbst im einfachen Modus zu schwer ausgefallen sein und eher für Frust statt für Spielspaß sorgen. Insgesamt gesehen macht Fire Emblem Fates: Herrschaft aber einfach unglaublich viel richtig und somit auch auf lange Sicht jede Menge Spaß.

Bewertung

9.0
Gesamt
8.5
Mehrspieler

Hervorragend


Kurzfazit

„Gewohnt starke Strategie-RPG-Kost mit Neuerungen im Detail für erfahrene Strategen.“

Markus Schnittka

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