Test: Pokémon X & Y (3DS)


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Erst waren es Farben, danach Edelsteine, dann wieder Farben (wenn man schwarz und weiß als solche anerkennt) und nun Buchstaben. Herzlich Willkommen bei den neuesten Pokémon-Editionen X und Y. Kreativ sind die Entwickler bei der Namensgebung, ob sie allerdings im Spiel mit neuen Ideen zu beeindrucken wissen, verrät euch unser Test.

Die Erwartungen der Fans waren sehr hoch. Schließlich sind Pokémon X und Y die ersten Ableger der Serie mit richtigen 3D-Modellen und einer plastisch wirkenden Oberwelt. Doch schon nach dem obligatorischen Intro, in dem man unter anderem seinen Namen eingibt, fällt dem Spieler ein Manko ins Auge: der fehlende 3D-Modus in der Oberwelt. Mit kindlicher Fantasie wagte man sich in Gedanken vorzustellen, wie schön Pokémon in 3D aussehen würde und nun diese Enttäuschung. Lässt man sich aber etwas auf das Spiel ein, fällt einem auf wie gelungen die grafische Umsetzung in Wirklichkeit ist.

Das gleiche nur in hübsch

Die Charaktermodelle sind zwar weiterhin nur plastisch wirkende Sprites, doch die Kampfanimationen wissen sehr zu gefallen. Im Gefecht wurde der 3D-Effekt implementiert, allerdings läuft er nicht sehr flüssig. Stellenweise hat man das Gefühl nur zehn Bilder pro Sekunde zu sehen, was sehr anstrengend für das Auge werden kann. Glücklicherweise kann man den Tiefeneffekt aber auch ausstellen. Wenn man im 2D-Modus spielt sieht man allerhand sehr schön animierte Pokémon, samt eigens entwickelten Animationen, welche dank ihrer ansprechenden Umsetzung, die Kämpfe zu einer der Highlights des Spiels machen.

Abseits der Schlachten weiß auch die Oberwelt zu gefallen. Dass, wie bereits erwähnt, kein dreidimensionaler Effekt vorhanden ist, ärgert den gemeinen Fan zwar, aber die wunderschönen Kamerafahrten, die große Attraktionen wie Schlösser und Statuen gekonnt in Szene setzen, vertrösten diesen voll und ganz. Außerdem fällt die Karte mal wieder herrlich abwechslungsreich aus. Man erkundet Skateparks, durchkemmt Wüsten, wandert durch verregnete Gebiete und vieles mehr. Die meisten Landschaften existieren zwar schon in ähnlicher Form in vorigen Teilen, aber nie sahen sie auch nur ansatzweise so schön aus. Besonders zu erwähnen sind einige Höhlen, wie die Leuchthöhle. Diese erkundet man in bester Third-Person-Manier, wobei hier die wilden Pokémon nicht einfach per Zufall plötzlich erscheinen, sondern vorher schon als schwarzer Schatten, der sich dem Spieler in den Weg stellt, sichtbar sind. Dank des Perspektivenwechsels heben sich solche Orte stark vom Rest ab und erscheinen fast malerisch. Insgesamt lässt sich sagen, dass Pokémon X und Y grafisch zu den besten Titeln des Systems gehören.

„Never change a running system"

Für Innovationen war die Pokémon-Serie noch nie bekannt. Das ändert sich auch nicht mit dem neuesten Ableger. Warum sollte man das Risiko überhaupt eingehen? Einige sinnvolle Änderungen machen bei einem an sich sehr guten Spielsystem meist mehr Sinn, als ein kompletter Kurswechsel. Der Entwickler Game Freak gab sich sichtlich Mühe, mit vielen, unterschiedlichen Tätigkeiten das Spielerlebnis zu optimieren. Wie in unserem Preview bereits beschrieben wäre da zum Beispiel das Pokémon Ami. Ein Programm im Stile von Nintendogs, in dem man sein Taschenmonser füttern, streicheln und mit ihm Minispiele absolvieren kann. Man kann in diesem Modus, ähnlich wie in den Editionen Schwarz und Weiß, die Zuneigung seines Pokémon schnell deutlich verbessern. Um beispielsweise ein Riolu zu einem Lucario weiterzuentwickeln muss man es demnach nicht mehr mit Items vollpumpen, die die Basiswerte verbessern. Ähnlich, nur mit anderen Minispielen, ist das Power-Training. Hier wird dem Spieler ermöglicht, die Status-Werte seines Pokémon zu verbessern. Auch das übermäßig langweilige Beerenpflanzen hat seinen Weg erneut in das Spiel gefunden. Abwechslung wird also reichlich geboten, was dazu führt, dass sich der Weg zur Pokemon-Liga länger hinzieht als in den vorherigen Teilen.

Was darf in einem Pokémon-Spiel auch nicht fehlen? Genau, eine vollkommen belanglose Story mit tiefgründigen Ansätzen, die aber dermaßen überzogen umgesetzt wurden, dass man die Geschichte einfach nicht mehr ernst nehmen kann. Es bleibt weiterhin ein Geheimnis, warum die Entwickler es nicht endlich mal versuchen, eine packende Geschichte auf die Beine zu stellen. Schließlich könnte man aus den Weltverbesserungsidealen des Team Flare so viel herausholen. Sie versuchen ihre eigenen, grundsätzlich richtigen Vorstellungen auf vollkommen verkorkste Weise durchzusetzen. Das ist meiner Meinung nach der Stoff, aus dem interessante, wenn auch etwas altbackene Handlungen gestrickt werden. Dafür muss man das ganze aber mit einer gewissen Ernsthaftigkeit angehen. Nintendo sieht das anscheinend anders, sonst würden sie nicht auf Biegen und Brechen versuchen jegliche Dramaturgie aus dem Spiel zu verbannen und dem Spieler wieder und wieder die gleichen platten Dialoge zwischen dem Hauptcharakter und dem Team der Bösewichte zu servieren. Paradoxerweise sind die Skripte der restlichen Charaktere, die man auf der Karte antrifft oft sehr gut geschrieben und sorgen dank witzigen Sprüchen für den ein oder anderen Schmunzler. Einige Leute bleiben einem auch nach Beendigung der Pokemon-Liga im Gedächtnis, obwohl sie keine Sprachausgabe spendiert bekommen haben.

Manchmal ist weniger mehr

All die Orte und all die Personen wären belanglos, gäbe es nicht die namensgebenden Pokémon. Spendierte der Entwickler Game Freak üblicherweise jeder Edition 100 bis 200 neue Pokémon, so zeigen sie sich in diesem Fall sparsamer. Knapp 70 neue Kreaturen kreierten sie für die Kalos-Region. Das hat wiederum Vor- und Nachteile, bei denen letztenendes der persönliche Geschmack entscheidet.

Ein positiver Effekt ist, dass alten Pokémon die Chance gegeben wurde in den Vordergrund zu rücken. Die gesamte Reise über begegnet man sehr vielen Wesen aus den ersten fünf Generationen. Hierbei wurde keine Edition vernachlässigt und somit eine ausgewogene Mischung zusammengestellt. Im Gegensatz dazu soll es auch Spieler geben, die sich ein Team aus völlig neuen Pokémon erstellen wollen. Diese schauen im neuesten Ableger mehr oder weniger in die Röhre, denn dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, ist aufgrund der geringen Anzahl neuer Monster schwerer als je zuvor. Nun bleibt einem also nur das abwägen: Nostalgie gegen neue Erfahrung. Fakt ist, wer sich für ersteres entscheidet wird definitiv mehr Freude auf der Reise durch die Kalso-Region haben. Übrigens: Wer denkt, dass die neuen Mega-Entwicklungen völlig neue taktische Komponenten bieten, der irrt sich. Im Prinzip sind sie nämlich nur Entwicklungen, die man während des Kampfes aktiviert - mehr nicht.

Online alles beim alten

Abschließend einige wenige Worte zur Online-Anbindung des Spiels. Die wahrscheinlich herausragendste Neuerung ist, dass man während des Spielens der Geschichte fremde Leute, die einem auf dem Touchscreen angezeigt werden, herausfordern kann. Dies geht überraschend flüssig von der Hand. Die restlichen neuen Modi sind schönes Beiwerk, aber auch nicht weiter erwähnenswert. Tauschen, Kämpfen und kommunizieren funktioniert weiterhin tadellos. Was will man mehr?

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen: Jeder, der Pokémon mag, wird auch an diesem Teil seine Freude haben. All diejenigen, die mit Pokémon noch nie was anfangen konnten, werden mit diesem Titel auch nicht bekehrt werden können. Dafür ist die Geschichte einfach zu flach und das Kampfsystem zu sehr an alten Schemata orientiert. Jeder Liebhaber sollte sich den neuesten Teil jedoch nicht entgehen lassen, andernfalls verpasst er einige epische, klasse inszenierte Momente und reichlich Nostalgie.
Für jeden Fan ein Muss, für jeden Neuling ein perfekter Einstieg und für jeden Kritiker eine Bestätigung der Innovationsarmut Nintendos.

Bewertung

9.0
Gesamt
9.0
Mehrspieler

Hervorragend


Kurzfazit

„Wunderschönes Rollenspiel, das serientypisch an alten Gewohnheiten festhält.“

Amin Kharboutli

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