Test: Fantasy Life (3DS)


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Dass die Entwickler Level 5 richtig gute Rollenspiele abliefern können, haben sie spätestens mit dem PS3-Hit Ni No Kuni unter Beweis gestellt. Nun haben sie sich mit Fantasy Life auf dem 3DS der Echtzeitstrategie gewidmet. Ob dieses Vorhaben geglückt ist, erfahrt ihr im nachfolgenden Test.

Do it Yourself

Was wäre ein typisch japanisches Rollenspiel ohne einen selbst erstellbaren Charakter? Die Möglichkeit euer Ebenbild frei zu gestalten oder im schlimmsten Falle völlig zu verunstalten, bekommt ihr in Fantasy Life selbstverständlich geboten. Auch wenn es nicht sehr viele verschiedene Gesaltungsmöglichkeiten gibt, so sollten diese die meisten Spieler zufrieden stellen. Ein gutes Dutzend Augen, Münder und ähnliches stehen einem schließlich zur Verfügung. Aus einer Anzahl an Klassen darf man sich zu Beginn auch seine Fähigkeiten aussuchen. Diese nennen sich Leben und beinhalten unter anderem den Alchemisten oder den Paladin. Jedes Leben im einzelnen zu erklären würde den Rahmen eines Tests völlig sprengen, deshalb geben wir euch im nachfolgendem Abschnitt einen Überblick.

Man entscheidet sich zu Beginn also für eine der zwölf Klassen. Nun besucht man seinen Meister und lernt die Grundlagen des jeweiligen Lebens. Habt ihr mal keine Lust mehr beispielsweise als Söldner herumzulaufen, dann könnt ihr jederzeit euer Leben wechseln und auch die (für jedes Leben unterschiedliche) Anfangsherausforderung überspringen. So erhaltet ihr sofort den niedrigsten Rang. Dort angekommen könnt ihr auf dem Touchscreen den Button „Quests“ anklicken. Hier seht ihr eure jeweiligen Aufgaben. Neben storyrelevanten und anderen Quests, die im folgenden erläutert werden, sind hier die Aufgaben für euer jeweiliges Leben gelistet. Diese fallen extrem unterschiedlich aus. Während der Alchemist in der Welt reist um Zutaten für den nächsten Trank zu finden, welche er anschließend in Minispielen zusammenmischt, kämpft der Paladin gegen verschiedene Monster. Habt ihr einige Aufgaben erledigt könnt ihr mithilfe eures Meisters zum nächst höheren Rang aufsteigen, wodurch ihr wiederum neue Quests freischaltet. Das Erfüllen aller Aufgaben geht weit über die Länge der rund 15-stündigen Geschichte hinaus. Für Langzeitmotivation wird demnach definitiv gesorgt. Zwar ähneln sich beispielsweise die Klassen Paladin und Söldner stark, da man bei beiden mit Nahkampfwaffen bestimmte Monster erledigen muss, nichtsdestotrotz macht das Erfüllen der Aufgaben Spaß und kann im vollem Umfang als Bonus für Spieler angesehen werden, die einfach nicht genug Zeit in Reveria verbringen können.

Wenn ihr euch vorrangig in der Schlacht sicher fühlen wollt, ist der Paladin sicher eine gute Wahl!

Looten und Leveln! Vor allem Leveln!

Neben den Leben gibt es außerdem noch ein Levelsystem. Sammelt ihr genug Erfahrungspunkte im Kampf, so könnt ihr nach einem Level-Up eigenständig eure Statuswerte anpassen. Stärke verbessert beispielsweise das Holzfällen, das Schürfen und den Schwertangriff, während Geschicklichkeit die Schneidern-, Bogen- und Dolchfähigkeiten verfeinert. Abgesehen davon verbessern sich die Grundfähigkeiten wie Schneidern, Sprinten, oder der Umgang mit dem Langschwert je nach eurem Spielverhalten ebenfalls. Das kling jetzt alles komplizierter als es ist, denn dank der zahlreichen Erklärungen hat man nach wenigen Stunden alles verstanden was man wissen muss.

Wie bereits erwähnt erkundet man das Land Reveria, welches in einzelne Areale aufgeteilt ist. Da wäre zum Beispiel die Stadt Kastell, in der man sich zu Beginn befindet, die Hafenstadt Puerto oder der wunderschöne Wüstenort Al Maajik. Die Landschaften sind sehr abwechslungsreich und kreativ gestaltet. Die Wälder, in denen man die Gegner findet, fallen sehr weitläufig aus ohne dabei an Wiedererkennungswert zu mangeln. Insgesamt ist das Gebiet gefühlt etwas kleiner als die erste Pokémon-Welt Kanto. Die Bewegungsfreiheit ist demnach ein großer Pluspunkt des Spiels, obwohl sie ihre Schattenseiten besitzt. Gelegentlich verlangt das Spiel in einer Mission vom Spieler an einen gewissen Ort zu wandern, beispielsweise das Labor des Professors, ohne dabei zu erwähnen wo sich besagtes Gebäude befindet. Wer nicht in jedem Dialogfenster genau mitgelesen hat, streift im schlimmsten Falle planlos in der Gegend umher. In meinem Falle habe ich einmal ganze zwei Stunden in der Welt nach einem Raum gesucht. Sobald das Spiel erschienen ist, wird es zwar zahlreiche Komplettlösungen und Let's Plays im Netz geben, die einem die Suche erleichtern, ärgerlich ist dieser Umstand dennoch.

Herzlich Willkommen in Reveria!

Die Schattenseiten der Freiheiten

Allgemein ist die Missionsstruktur manchmal etwas fragwürdig. Backtracking, also das Abklappern bereits bekannter Orte, haben die Entwickler zwar sichtlich versucht zu vermeiden, tritt dennoch an manchen Stellen auf. Außerdem wurden die Hauptmissionen nach einem strengen Schema konstruiert. Erst bekommt man von seinem sprechenden Schmetterling namens Flatterling kleine Aufträge, in denen man von A nach B läuft und mit einer Person spricht. Hierbei erhält man die sogenannte Wonne, durch die man Extras wie das Reiten auf Pferden freischalten kann. Im zweiten Abschnitt spielt man eine für die Geschichte relevante Mission, bei der man mehr als nur ein Zuschauer ist und eigenständig agiert. Aufgrund besagter Struktur bekommt man leider extrem viel Text auf einmal vorgesetzt. Wer damit leben kann, wird einigen Lachern nicht entgehen können, denn die meisten Personen besitzen, trotz der fehlenden Sprachausgabe, unglaublich viel Charme. Die ein oder andere kleine Wende zeigt zudem, dass sich das Spiel zu keiner Zeit 100 % ernst nimmt, ohne dabei ins lächerliche abzudriften. Das Charakterdesign und die Animationen der einzelnen Figuren passen zudem wunderbar zum Geschehen. In Sachen Präsentation spielt Fantasy Life also in der Oberliga mit.

Die Hauptgeschichte kann da leider nicht ganz mithalten. Zwar baut sich anfangs, dank geschicktem Storytelling, noch einiges an Spannung auf, die Wendungen am Ende hinterlassen allerdings zumindest bei mir kein befriedigendes Gefühl. Ohne zu viel verraten zu wollen sei gesagt, dass man erwartet, dass Charaktere neue Facetten zeigen, doch stattdessen wirkt das Zusammenführen der Handlungsstränge etwas willkürlich. Mittendrin warten jedoch, wie bereits erwähnt, einige wirklich amüsante Momente auf den Spieler, die bei genauerer Betrachtung sogar einiges an Substanz bieten. Das hängt natürlich vom Interpretationsgrad einer jeden Person ab, lässt einen aber auch spüren, dass die Entwickler mehr wollten, als eine zuckersüße Kindergeschichte zu erzählen.

Neben den Haupt- stehen noch eine Unzahl an Nebenmissionen zur Verfügung. Diese werden von den Bewohnern der einzelnen Orte aufgetragen und beinhalten zumeist Aufgabenstellungen wie: Besiege fünf Gegner dieser Art oder Braue ein bestimmtes Getränk. Auch hier hält einen die Präsentation bei der Stange. Die Aufgaben sind zwar an sich nicht sehr originell, doch die Hintergrundgeschichten der einzelnen Charaktere sind meistens so liebenswürdig, dass man immer mehr erfahren will. Einige Leute stellen sogar überspitzte Klischees dar, was dem ganzen einen noch größeren Reiz verschafft.

Hat man sich erst einmal durch die zahlreichen Dialoge gecklickt kann das Erkunden der Welt auch schon beginnen.

Schön und groß!

Technisch weiß Fantasy Life durchaus zu überzeugen. Zwar wirken einige Texturen auf dem 3DS XL ziemlich matschig, aber dieser Umstand lässt sich bei 3D-fähigen Spielen kaum vermeiden. Dafür ist die Welt gespickt mit vielen kleinen Details, wie zum Beispiel Lichtspiele in der Wüstenstadt Al Majiik. Der 3D-Effekt wird kaum genutzt, was aber nicht weiter schlimm ist, weil dafür alles ruckelfrei läuft und an keiner Stelle ein auffälliger 3D-Effekt wirklich sinnvoll gewesen wäre. Musikalisch erwarten den Spieler abwechslungsreiche Kompositionen, die nahezu perfekt die Stimmung des jeweiligen Ortes einfangen. Ein wirkliches Eintauchen in die Welt ist demnach nur mit eingeschalteter Lautstärke möglich.

Wer sich ungern allein auf die Reise begibt, für den bietet der Online-Modus einiges. Zwar konnten wir ihn noch nicht anspielen, allerdings wird es dort möglich sein die Welt zusammen mit einer Person aus der Freundeliste komplett zu erkunden und gemeinsam beispielsweise Beute zu fangen, für die man wiederum Geld bekommt. Eine Jagd mit zufälligen Leuten ist leider nicht möglich, aber dafür wurde das Spielerlebnis, sofern es einwandfrei läuft, mit Freunden umfangreich gestaltet.

Sowohl die Cutscenes, als auch die Grafik im Spiel wissen zu überzeugen.

Fazit

Ich bin nun wirklich nicht das, was man einen Rollenspielfan nennen kann, aber ich hatte extrem viel Spaß mit Fantasy Life. Dass man teilweise blind in der Gegend sucht, um in der Geschichte voranzuschreiten und dass die Story nicht hält, was sie anfangs verspricht stößt mir zwar nach wie vor sauer auf, allerdings sind das zwei verschmerzbare Kritikpunkte. Ersteres wird Leuten mit einem halbwegs brauchbaren Orientierungssinn höchstwahrscheinlich sowieso nicht passieren und die Geschichte ist nur ein Teil eines großen Ganzen. Allein mit dem Ausprobieren der verschiedenen Leben hat man mehr zu tun, als in den meisten anderen Spielen. Wer also viel Zeit übrig hat, ein schönes Rollenspiel erleben möchte und die ein oder andere Schwachstelle verschmerzen kann, der wird mit Fantasy Life sehr viel Spaß haben.

Vielen Dank an Nintendo für die Bereitstellung eines Download-Codes von Fantasy Life! Die Bilder in diesem Artikel stammen von Nintendos Presseserver!

Bewertung

9.0
Gesamt
-
Mehrspieler

Hervorragend


Kurzfazit

„Umfangreiches Rollenspiel mit sehr viel Charme aber auch kleinen Fehlern.“

Amin Kharboutli

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